Baumwolle – das natürliche Gewebe, das gerne mit hoher Qualität verbunden wird, hat eine Kehrseite: die Produktion ist dominiert von Zwangsarbeit und Umweltverschmutzung. Das Journalisten-Team von „Premières Lignes“ hat die Produktionskette von Baumwolle über ein Jahr lang verfolgt und blickt dabei auch auf einen relativ neuen Markt: Labels, die „umweltfreundliche und verantwortungsbewusste Baumwollgewinnung“ versprechen.
Für die Industrie ist Baumwolle ein 37 Milliarden Euro Geschäft. Für etwa 1 Millionen Menschen in Usbekistan bedeutet Baumwolle eine jährliche Zwangarbeit auf den Feldern unter katastrophalen Bedingungen. Große Labels wie Adidas, Nike, H&M, Lacoste oder Zara stehen Dank der Maßnahmen von NGOs mächtig unter Druck und haben sich von Baumwolle aus Usbekistan distanziert. Doch hat sich in den produzierenden Ländern wirklich etwas verändert? Diesen und weiteren Fragen geht das Team um Sandrine Rigaud, französische Journalistin und Autorin für Dokumentarfilme, in dem Dokumentarfilm nach. Auf ihrer Reise treffen sie Menschenrechtsaktivisten, NGO-Mitglieder, sprechen mit Fabrik- und Feldarbeitern und hinterfragen Entscheidungen des Europäischen Parlaments in Bezug auf das Handelsabkommen mit Usbekistan.
ENTLANG DER PRODUKTIONSKETTE
Von Zentral-Asien nach Bangladesch folgen sie den Spuren der Baumwolle – von Feldern zu Fabriken. Sie werfen einen kritischen Blick hinter die Kulissen der Modeindustrie. Auf einen Skandal, den viele ignorieren. GEO Television zeigt den augenöffnenden Film „The Cost of Cotton“ zum ersten Mal im deutschen Fernsehen.
Es ist Anfang Oktober: Erntezeit in Usbekistan. Offiziell als Touristen eingereist, beginnt hier die Untersuchung des Journalisten-Teams. Usbekistan ist der sechstgrößte Produzent von Baumwolle – und steht unter streng autoritärem Regime. Das Team wird begleitet von Elena Urlaeva, eine 60-jährige Menschenrechts-Aktivisten, die seit Jahrzehnten gegen Zwangsarbeit kämpft: „Im Durchschnitt muss jeder zwischen 60 und 70 Kilo Baumwolle am Tag sammeln“, berichtet sie. Wird das Ziel nicht erreicht, drohen den Menschen Strafen, darunter körperliche Gewalt.
Von Usbekistan führen die Untersuchungen in die Textilfabriken und Spinnereien von Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Welt und nach China der zweitgrößte Bekleidungs-Produzent. Hier sprechen die Journalisten mit Textilarbeitern, die mit weniger als dem Mindestlohn überleben müssen – und zum Teil in gefängnisartigen Bedingungen direkt in der Fabrik untergebracht sind.
Das Ende der Reise entlang der Baumwoll-Produktionskette führt die Journalisten nach London zur „Better Cotton Initiative“. Mit einer deutlichen Frage: Wie moralisch sind die Ansprüche des ethischen Baumwolllabels wirklich?
Während der Dreharbeiten musste das Team um Sandrine Rigaud äußerst vorsichtig agieren, denn als Touristen getarnte Journalisten sind auf den Feldern Usbekistans nicht erwünscht. Das Ergebnis ist ein kritischer und ungeschönter Blick hinter die Kulissen einer gigantischen Industrie.