Gewusst warum und gewusst wie! Weihenstephan und die Volksfeste
Die Tradition der Volksfeste in Bayern reicht weit zurück und hat ihren Ursprung im Mittelalter. Zu dieser Zeit wurden Feste und Jahrmärkte abgehalten, um den Handel zu fördern und die Bevölkerung zu unterhalten. Im Laufe der Zeit entwickelten sich diese Veranstaltungen zu den heutigen Volksfesten, die eine wichtige Rolle im kulturellen Leben von Bayern spielen.
Eines der bekanntesten und ältesten Volksfeste in Bayern ist das Münchner Oktoberfest, das erstmals im Jahr 1810 abgehalten wurde. Ursprünglich wurde es zum Feiern der Hochzeit von König Ludwig I. von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen organisiert. Das Fest wurde ein großer Erfolg und seitdem jährlich veranstaltet, mit Ausnahme einiger Unterbrechungen aufgrund von Kriegen und Epidemien. Das Oktoberfest ist heute das größte Volksfest der Welt und lockt jedes Jahr Millionen von Besuchern aus aller Welt an. Es bietet eine Vielzahl von Attraktionen, wie Karussells, Bierzelte, Imbissstände und Unterhaltungsangebote für alle Altersgruppen.
Neben dem Oktoberfest gibt es in Bayern viele weitere Volksfeste, wie beispielsweise das Frühlingsfest in München, das Volksfest in Nürnberg, das Gäubodenvolksfest in Straubing und das Bergkirchweihfest in Erlangen, der Gillamoos in Abensberg oder das Freisinger Volksfest. Diese Feste sind bekannt für traditionelle Trachten, Volksmusik und bayerische Spezialitäten wie Grillhendl, Steckerlfisch, Brezn und Festbier.
Freisinger Volksfest: eine Reise durch die Geschichte
Gemäß der offiziellen Stadtgeschichte wird das Freisinger Volksfest seit 1929 veranstaltet. Allerdings hat die Volksfest-Tradition eine viel längere Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht.
Berichten zufolge fand im Jahr 1874 in Freising das erste sogenannte Ur-Volksfest statt, wie der Historiker Wolfgang Grammel vor einigen Jahren herausgefunden hat. Es gab verschiedene Schausteller, die heutzutage schwer vorstellbar sind. Man konnte den kleinsten Hirschen der Welt bewundern, Russlands größten Soldaten außer Dienst (ein Mann namens Pisjak mit einer Größe von 2,41 Metern), Deutschlands größtes und schwerstes Riesenmädchen, einen Flohzirkus und vieles mehr. Nach einer mehrjährigen Pause um 1874 wurde das Volksfest im Dreikaiserjahr 1888 fortgesetzt, bevor es 1899 durch die als „Jahrhunderthochwasser“ in die Geschichte eingegangene Flutkatastrophe zu einer jahrelangen Unterbrechung kam. Hans Gruber beschreibt diese Katastrophe in seinem Werk „Felder, Lerchen und unsere Stadt“.
Anstatt mit einem Feuerwerk begannen die Festtage am 8. September mit einem Donnerschlag, während sich der Himmel verdunkelte. Trotzdem strömten die Menschen zum Festplatz in Freising, wo sich heute das neue Freisinger Schwimmbad „fresch“ befindet. Es gab Sonderzüge und Menschen kamen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit allen möglichen Verkehrsmitteln in die Domstadt. Als sich das Wetter zur Mittagszeit aufhellte, verschwand vorerst die düstere Stimmung. Der Festzug konnte stattfinden und das Bier floss reichlich. Kein Wunder, denn damals kostete eine Maß lediglich 30 Pfennig. Der Freitag verlief größtenteils noch unbeschadet. Noch ahnte keiner, dass sich eine Naturkatastrophe anbahnte.
Ab dem Wochenende begannen schwere Regenfälle, am Sonntag brach ein heftiger Sturm aus, der die Fahnen zerriss. In den Brauereistätten herrschte jedoch vorerst noch reger Betrieb, da sie größtenteils vor den Launen des Wetters geschützt waren. Es regnete und hagelte, und die Festwiese verwandelte sich in eine Schlammwiese. In Lerchenfeld stieg das Grundwasser, und die Isar machte ihrem Spitznamen „Die Reißende“ alle Ehre. Es war nicht möglich, das Volksfest wie geplant weiter abhalten zu können. Als die Isar dabei war, den Damm zu überfluten, mussten die Schausteller eilig ihre Stände abbauen. Die Feuerwehr schlug Alarm, und Frauen, Kinder und Tiere wurden schnell in Sicherheit gebracht, während die Wiese überflutet wurde. Noch am selben Tag, dem 13. September, musste die Feuerwehr aufgrund der Wassermassen die Räumung des Platzes abbrechen. Es gab nichts mehr zu retten.
Es vergingen 30 Jahre, bis sich die Freisinger wieder an ein Volksfest wagten. Erst 1929 begann die „moderne Volksfest-Zeitrechnung“, wobei das Fest damals noch stark landwirtschaftlich geprägt war und Viehschauen und Ähnliches beinhaltete. Während des Zweiten Weltkrieges gab es eine Pause, und erst 1949 wurde das Volksfest wieder aufgenommen, ebenfalls mit einem Fokus auf die Landwirtschaft. In den folgenden Jahren erhielt das Volksfest einen ähnlichen Charakter, den es heute hat, mit viel Spaß, Musik und dem feinsten Bier der Freisinger Brauereien.
Das Festbier: ein Bier mit eigener Geschichte
Auch das Festbier hat eine eigene Geschichte: Da früher das Bier aufgrund mangelnder Kühlung rascher verdarb, wurde im Jahr 1539 die Bayerische Brauordnung erlassen. Sie besagte, dass nur in der Zeit zwischen dem 29. September und dem 23. April das Bierbrauen erlaubt war.
Das damals beliebte untergärige Bier benötigt zwar eine längere Reifezeit, ist dafür aber voller im Geschmack und länger haltbar. Um den Haltbarkeitsgrad zusätzlich zu steigern, wurde das Bier mit einem höheren Alkoholgehalt gebraut. So konnte es im März in den Bierkellern eingelagert werden und war selbst auf den Herbstfesten noch erfrischend und süffig.