Es ist erstaunlich, wie schnell wir uns an technologische Innovationen gewöhnen. Erinnerst du dich noch an die Zeit, in der das Leben ohne ständige Internetverbindung funktionierte? Irgendwann begann alles: klobige Modems mit lautem Einwahlgeräusch, einfache HTML-Webseiten, E-Mail-Programme und Foren. Dann kam die Revolution der vollständigen Vernetzung: Highspeed-WLAN, Social-Media-Plattformen, Smartphones und Streamingdienste. Heute können wir uns ein Leben ohne das Internet kaum noch vorstellen. Wie sollten wir sonst unsere verstreuten Kontakte pflegen oder den Weg durch die Stadt finden?
Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass auch dies nur ein Zwischenschritt sein könnte? Dass der nächste technologische Sprung bereits vor der Tür steht? Die Rede ist vom Metaverse: einem Internet, das wir nicht nur betrachten, sondern vollständig erleben. Eine virtuelle Welt, in der wir uns mit 3D-Brillen und individuell gestalteten Avataren bewegen und in der theoretisch alles möglich ist – von Interaktionen über Spiele bis hin zu Einkäufen.
Die größte Herausforderung für das Metaverse: die Datenübertragung
Vielleicht fragst du dich: Wo liegt eigentlich das Problem? Die Internetverbindungen werden doch immer schneller. Dennoch stellt die Synchronizität eine der größten Hürden auf dem Weg ins Metaverse dar. Lassen wir uns das anhand eines Beispiels verdeutlichen.
Eines der beeindruckendsten Spiele der heutigen Zeit ist streng genommen kein richtiges Spiel. Es gibt keine Gegner, die du besiegen musst, keine Punkte zu sammeln oder etwas zu gewinnen. Dein einziges Ziel ist es, ein virtuelles Flugzeug zu steuern – sicher abzuheben, in der Luft zu bleiben und schließlich wieder zu landen. Dabei musst du mit der Flugverkehrskontrolle kommunizieren, den Treibstoff überwachen und die Flugroute einhalten. Dieses Spiel heißt Microsoft Flight Simulator (MSFS) und beeindruckt durch seinen enormen Detailreichtum. Die Weltkarte im Spiel ist exakt so groß wie unser realer Planet – mehr als 500 Millionen Quadratkilometer. Darin gibt es 2 Billionen individuell gerenderte Bäume, 1,5 Milliarden Gebäude und nahezu alle Städte, Straßen und Landschaften der Welt. All diese Elemente sind so realitätsnah wie möglich gestaltet – du kannst sogar an deinem eigenen Haus vorbeifliegen.
Diese Detailgenauigkeit erfordert enorme Rechenleistung. Allein die Karte von MSFS umfasst 2,5 Petabyte Daten – das sind 2,5 Millionen Gigabyte! Viel zu viel, um es auf einem einzigen Gerät zu speichern. Deshalb ist MSFS ein Online-Spiel: Die Daten liegen auf Microsofts Servern, und du lädst nur die Abschnitte der Karte herunter, die du gerade durchfliegst. Dabei passt sich das Spiel in Echtzeit an die aktuellen Wetterbedingungen an – es aktualisiert Wind, Regen und den Flugverkehr. Zum Beispiel könntest du, während du den Golf von Mexiko überfliegst, einen realen Hurrikan vor der Küste Floridas erleben und dein virtuelles Flugzeug mitten hineinsteuern.
Das Spiel ist dabei extrem realistisch – du kannst dich nicht einfach an einen anderen Ort teleportieren, sondern musst jede Strecke in Echtzeit zurücklegen. Daher überträgt das Spiel immer nur kleine Datenmengen. Im Metaverse wird das so nicht mehr funktionieren. Die Nutzer werden erwarten, dass sie sich frei bewegen können, und dass sich die Umgebung in Echtzeit ihren Entscheidungen anpasst. Hier kommt die Latenz ins Spiel: Ein minimaler Zeitversatz zwischen dem Senden und Empfangen von Daten ist entscheidend. Denk mal an das Video-Streaming, wenn Bild und Ton nicht synchron sind – das macht einen schnell wahnsinnig, oder? Schon eine Abweichung von mehr als 90 Millisekunden stört uns. Im Gaming-Bereich ist die Toleranz sogar noch geringer. Gelegenheitsspieler verlieren ab etwa 110 Millisekunden die Geduld, während Profis schon bei 50 Millisekunden Unzufriedenheit verspüren.
Und hier liegt das Problem: Obwohl das Internet heutzutage extrem schnell ist, brauchen Daten immer noch Zeit, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Im Durchschnitt dauert es 35 Millisekunden, bis Daten zwischen zwei Städten ausgetauscht sind – das ist zwar oft ausreichend, kann aber in Stoßzeiten überschritten werden, etwa wenn viele Menschen gleichzeitig in großen Städten wie San Francisco und New York online sind. Zusätzlich dauert es noch länger, bis die Daten von den Servern zu den einzelnen Nutzern gelangen, was von der lokalen Infrastruktur abhängt – Kupferkabel sind langsamer als Glasfaserkabel.
Für das Metaverse, in dem Echtzeit-Interaktionen essentiell sind, könnte das ein Problem werden. Kommunikation basiert auf feinen Nuancen, und jede Verzögerung zerstört die natürliche Dynamik. Niemand mag ruckelige Videoanrufe – und im Metaverse könnte die Latenz genauso frustrierend sein. Um das zu verhindern, müssen die Datenübertragungen in Zukunft noch schneller werden, nicht nur lokal, sondern weltweit. Dazu müssen wir leistungsfähigere Kabel entwickeln und verlegen – eine aufwendige und kostspielige Aufgabe, da sie an vielen geografischen und ökologischen Hindernissen vorbeigeführt werden müssen. Doch Latenz ist nur eine von vielen Herausforderungen auf dem Weg ins Metaverse. Sind wir also noch weit entfernt von diesem Zukunftsprojekt? Wahrscheinlich. Aber die spannende Frage bleibt: Wie wird sich die Welt verändern, wenn das Metaverse tatsächlich Realität wird?