Es war einmal ein Mädchen namens Nova, das in eine Wohnung mit nackten Wänden zog. Sie waren groß, endlos und kalt wie der Himmel an einem Februarmorgen. Die ersten Nächte hörte Nova die Wände flüstern – nicht unheimlich, eher so, als würden sie sie fragen: „Wer wirst du hier sein?“
Nova wusste es noch nicht genau. Aber sie wusste, dass sie nicht in einem Museum leben wollte. Keine sterilen, perfekten Flächen. Kein „so macht man das“-Instagram-Gedöns.
Sie wollte Wände, die atmen. Wände, die lachen. Wände, die weinen dürfen.
Also begann sie, ihre Geschichte zu weben.
Am Anfang spannte sie eine Lichterkette wie eine Sternenbahn über die längste Wand. Kleine, warme Punkte, die aussahen wie eingefangene Sommernächte. Dazwischen hing sie selbstgeschriebene Zitate auf Packpapier – Worte, die ihr Mut machten, wenn der Tag wieder mal zu schwer war.
Dann schnappte sie sich ihre alten Vinylplatten, bohrte kleine Haken in die Wand und ließ die Cover wie Kunstwerke schweben: Bowie, Nirvana, ein bisschen Billie Eilish – Soundtrack ihres Lebens, eingefroren in Farben und Rissen.
Aber das reichte Nova nicht.
Sie wollte etwas, das sich verändert, so wie sie selbst.
Also baute sie eine wechselbare Mood-Wall: Sie befestigte ein großes Gitter aus Metall (eigentlich ein umfunktioniertes Pflanzenrankgitter) an der Wand. An die Gitterstäbe hängte sie mit kleinen Clips Polaroids, Trockenblumen, Eintrittskarten, gezeichnete Skizzen. Jeden Monat sortierte sie um, ließ alte Erinnerungen los und machte Platz für neue.
Eines Abends, als sie völlig versunken auf dem Boden saß, hatte Nova eine verrückte Idee: Warum nicht eine Ecke tapezieren – aber wild und unperfekt?
Sie kaufte eine Rolle Retro-Tapete mit psychedelischen Mustern, zerschnitt sie in Stücke und klebte sie wie Puzzleteile in die Wandnische. Keine geraden Linien, kein Geodreieck. Nur Gefühl und Mut.
Das Ergebnis war… atemberaubend. Chaotisch schön.
Zum Schluss – fast wie ein Siegel auf ihre neue Heimat – sprühte sie mit einer selbstgebastelten Schablone einen Satz an die Wand:
Hier darfst du wachsen.
Als Wochen später Freunde zu Besuch kamen, blieben sie lange stehen. Berührten die Bilder, lasen die Zitate, grinsten bei den Schallplatten.
Und jedes Mal, wenn jemand fragte:
„Wer hat das gemacht?“
lächelte Nova und sagte:
„Ich. Und das Leben.“
Weil Wände eben nicht dafür da sind, perfekt zu sein.
Sie sind da, damit wir uns auf ihnen verlieren – und wiederfinden.