Viele Unternehmen in der Region Rhein-Neckar sind bereit, Flüchtlinge zu beschäftigen, wünschen sich jedoch mehr Unterstützung und Rechtssicherheit. Dies zeigt eine Befragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar unter ihren Mitgliedsunternehmen. „Eine hohe Zahl von Firmen kann sich zum Beispiel vorstellen, künftig offene Stellen mit Flüchtlingen zu besetzen oder zunächst ein Praktikum als Vorbereitung für eine Ausbildung anzubieten“, fasst IHK-Präsidentin Irmgard Abt die zentralen Ergebnisse der Umfrage zusammen und ergänzt, „dass bei den 400 antwortenden Unternehmen insgesamt trotz mangelnder Erfahrungswerte etwa 300 Firmen bereit sind, Flüchtlinge generell zu beschäftigen.“
Ende November waren mehr als 20.000 Flüchtlinge in Mannheim, Heidelberg, dem Rhein-Neckar-Kreis und dem Neckar-Odenwald-Kreis untergebracht. Zwar befindet sich ein Großteil davon auf Konversionsflächen in den Erstaufnahmestellen des Landes und wird in Baden-Württemberg verteilt werden, viele werden jedoch auch in unserer Region bleiben. Diese hohe Zahl an Flüchtlingen bringt große Herausforderungen für die Region mit sich, kann aber auch gesellschaftliche Chancen bringen. „Um diese Chancen zu nutzen, muss es gelingen, die Flüchtlinge mit Bleibeperspektive schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn Integration kann nur dann gelingen, wenn die Asylbewerber die Chance erhalten, sich ihre eigene Existenz aufzubauen. Dies kann durch Ausbildung, Praktika und letztlich durch eine Beschäftigung gelingen“, so Abt.
Vom Hotel, das einen Flüchtling bereits als Azubi einstellt, das Speditionsunternehmen, das seine Logistik für zahlreiche Hilfstransporte zur Verfügung stellt und Praktikumsplätze anbietet, bis hin zum Großkonzern, dessen Mitarbeiter sich ehrenamtlich engagieren und -2- Spenden für Flüchtlinge sammeln: „Die regionale Wirtschaft will sich einbringen. Das sehen wir nicht zuletzt an den vielen Anfragen, die uns erreichen“, erklärt Abt.
IHK-Umfrage zur Beschäftigung von Flüchtlingen
Dies zeigt auch die aktuelle IHK-Umfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen zu diesem Thema. In der Umfrage haben 386 der rückmeldenden Unternehmen angegeben, keine Erfahrung mit der Beschäftigung von Flüchtlingen zu haben. 36 Unternehmen haben bereits Erfahrungen sammeln können. Bemerkenswert ist dabei, dass trotz mangelnder Erfahrungswerte 300 Unternehmen bereit sind, Flüchtlinge zu beschäftigen. Nach den Gründen gefragt, geben 233 Unternehmen an, künftig offene Stellen mit Flüchtlingen besetzen zu wollen. 127 rückmeldende Betriebe sind bereit, Flüchtlinge aus sozialen Erwägungen zu beschäftigen. Die regionale Wirtschaft sieht sich also klar in der gesellschaftlichen Verantwortung. 163 Unternehmen können sich ein Praktikum als Vorbereitung für eine Ausbildung vorstellen, 113 Unternehmen würden sogar direkt ausbilden und 60 Unternehmen würden Flüchtlinge im Rahmen einer ausbildungsvorbereitenden Einstiegsqualifizierung beschäftigen. Vor allem technische Ausbildungsberufe werden angeboten, aber auch im Lager- und Logistikbereich sowie in der Gastronomie/Hotellerie könnten sofort Ausbildungsplätze besetzt werden. Nach konkreten Angeboten gefragt, würden die Unternehmen schon jetzt 107 Praktikumsplätze, 81 Ausbildungsplätze und 60 Einstiegsqualifizierungen für die Flüchtlinge in der Region zur Verfügung stellen.
Doch nach konkreten Arbeitsplatzangeboten befragt, zeigen sich die Schwierigkeiten, denen nicht nur regionale Unternehmen bei der möglichen Beschäftigung von Flüchtlingen gegenüber stehen. „Deutschkenntnisse sind ein Muss für viele Unternehmen. Erst wenn Sprachkenntnisse vorhanden sind, kann damit begonnen werden, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, betont Abt. Dazu müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen vereinfacht werden. „Im Moment ist der Beratungsbedarf sehr groß: Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Aufenthaltsstatus; außerdem wird zwischen Asylberechtigten, Asylbewerbern und Geduldeten unterschieden“, führt die IHK-Präsidentin aus. „Dabei ist der Aufenthaltsstatus eines Flüchtlings wichtig für die Unternehmen, denn kein Ausbildungsbetrieb wird jemanden ausbilden, bei dem nicht klar ist, ob er auch noch im nächsten Jahr in Deutschland bleiben darf“. Unterstützung wünschen sich Unternehmen auch bei sozialen bzw. interkulturellen Fragen. Von ihrer IHK wünschen sich die befragten Mitgliedsunternehmen vor allem Angebote in der IHK-Kernkompetenz, der Ausbildung. Konkret erwarten 174 Betriebe eine passgenaue Vermittlung von Flüchtlingen in Ausbildung, aber auch Zusatzschulungen für ihre eigenen Ausbilder oder die Vermittlung von Praktika. „Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich: Die Unternehmen der Region sind bereit, sich bei der Integration von Flüchtlingen zu engagieren. Die IHK Rhein-Neckar wird ihnen mit einem Aktionsprogramm dabei als wichtiger Partner zur Seite stehen“, so Abt.