Mit ca. 1,5 Millionen Sportverletzungen im Jahr ist das Unfallrisiko bei Freizeitsport besonders hoch. Nach Unfällen im Haushalt und am Arbeitsplatz sind sie die dritthäufigste Unfallursache. Dabei sind Männer etwa drei Mal häufiger betroffen als Frauen. Im Experteninterview erklärt Dr. med. Sepp Braun, Facharzt für Sportorthopädie und Unfallchirurgie an der Technischen Universität München, welche Verletzungen er im Alltag besonders häufig behandelt und welche Maßnahmen nach Verletzungen sinnvoll sind.
Vorsicht, Bruchgefahr!
Während das Verletzungsrisiko bei Ballsportarten als besonders hoch gilt, kommt es auch beim scheinbar harmlosen Dauerlauf zu Knochenbrüchen: Sog. Ermüdungsfrakturen (Stressfrakturen) treten durch wiederholte starke Belastungen, wie sie beim Joggen entstehen, auf. Mit der Zeit kommt es dadurch zu einer Veränderung des Knochengewebes und es bilden sich Spalten und Risse, die den Knochen letztlich brechen lassen. „Wir sehen diese Verletzungen durch Sport bedingt täglich sehr häufig“, erklärt Dr. med. Sepp Braun, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Technischen Universität München. Obwohl ein Knochenbruch mit starken Schmerzen verbunden ist, kann er in einigen Fällen nur schwer von einer Prellung unterschieden werden. „Definitive Sicherheit kann dann nur die Untersuchung mit einem Röntgen- oder ggfs. Schichtbildern (Computertomografie oder Magnetresonanztomografie) geben“, so der Experte.
Die häufigsten Sportverletzungen im Überblick
Muskelzerrung, Muskelfaserriss, Muskelriss: Die häufigsten Verletzungen im Bereich der Muskulatur sind Zerrungen und Risse, denn ähnlich wie ein überdehntes Seil kann auch ein Muskel bzw. eine Muskelfaser reißen. Dabei handelt es sich bei allen drei Arten um denselben Verletzungsmechanismus, der sich nur in der Schwere der Verletzung unterscheidet. Zerrungen und Risse entstehen, wenn der Muskel einer Extrembelastung ausgesetzt ist.
Prellungen (Kontusionen) entstehen durch stumpfe Gewalteinwirkung wie einen Sturz oder Schlag und treten bei vielen Ballsportarten auf. Man unterscheidet zwischen Weichteil- und Knochenprellungen. Obwohl äußerlich keine Verletzung des Gewebes zu erkennen ist, sind Prellungen in der Regel sehr schmerzhaft.
Verstauchungen oder Distorsionen entstehen, wenn ein Gelenk über seinen Bewegungsspielraum hinaus belastet wird. Es kommt zu einer Verletzung der Bänder und Kapseln des Gelenks. Die betroffene Stelle schwillt stark an.
Sportverletzungen vorbeugen – so geht’s
Um den Mehrwert von sportlichen Aktivitäten sinnvoll nutzen zu können, sollten sowohl Einsteiger als auch Profis ein paar grundlegende Dinge beachten, die sie vor Verletzungen schützen:
1. Passende Sportart wählen
Neben den persönlichen Vorlieben sollte man bei der Wahl der Sportart auch Alter und individuellen Fitnesszustand berücksichtigen.
2. Aufwärmen nicht vergessen
Obwohl einige Experten der Ansicht sind, dass Dehnen vor und nach dem Sport überflüssig sei, beweisen zahlreiche Studien das Gegenteil, denn ein gezieltes Warm-up kann das Verletzungsrisiko und die Gefahr von Überlastungsschäden zumindest bei Sportarten, die Schnelligkeit und Beweglichkeit erfordern, deutlich verringern. Durch gezieltes Aufwärmen werden Muskeln, Bänder, Sehnen und der Kreislauf auf die bevorstehende Belastung vorbereitet.
3. Leistungsgrenze nicht überschreiten
Sport soll zwar fordern, aber nicht überfordern. Wichtig ist, sein persönliches Leistungsniveau zu kennen. So sollte man sich beim Sport nicht überanstrengen und seinem Körper zwischen den Trainingseinheiten eine ausreichend lange Erholungsphase zu gönnen. Diese liegt für Ausdauersportarten bei 38 Stunden, bei Krafttraining bei mindestens 48 Stunden.
4. Die richtige Ausrüstung
Einige Sportarten wie Inlineskaten oder Fahrrad fahren erfordern Protektoren bzw. eine Schutzausrüstung.
5. Regelmäßig durchchecken lassen
Wer Sport treibt, sollte sich einmal im Jahr vom Arzt durchchecken lassen. Er untersucht Herz, Lunge, Blut, Bewegungsapparat, aktuelle Lebensumstände sowie die seelische Befindlichkeit.
Was tun, wenn es passiert ist?
Sportverletzungen werden nach dem sogenannten PECH-Schema behandelt. Die einprägsame Formulierung steht dabei für die einzelnen Schritte:
Pause:
Sofort nach der Verletzung sollte die Betätigung eingestellt und der betroffene Körperteil ruhiggestellt werden.
Eis:
Durch Kühlung des betroffenen Körperteils wird eine Verengung der Blutgefäße erreicht und Schwellungen vermindert. Der Stoffwechsel im Gewebe wird verlangsamt, wodurch sich mögliche Gewebeschäden langsamer ausbreiten. Auch lindert die Kälte den Schmerz in der betroffenen Körperregion.
Compression:
Ein umgehend angelegter Kompressionsverband verlangsamt die Ausweitung von Blutungen und Schwellungen.
Hochlagern:
Der verletzte Körperteil sollte hochgelagert werden. Dadurch wird der Rückfluss des Blutes verbessert und Schwellungen sowie Schmerzen verringern sich. Außerdem dringt weniger Blut in das umliegende Gewebe.
Eine Tasche für alle Fälle
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte bei sportlichen Aktivitäten stets eine Erste-Hilfe-Tasche mit sich führen. Diese kann an die jeweilige Aktivität angepasst werden, wie z. B. Wandern, Radfahren, Tennis o. ä.
Sie beinhaltet:
Schere oder Taschenmesser
Pinzette
Latex-Handschuhe
Verbandspäckchen
Pflaster
Tape
Mullkompressen und –binden
Quelle: medicalpress.de